Auf ein Wort
„Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob."
Römer 15,7
Annahme verweigert!
Zu Weihnachten wollte ich meinem Bruder mal etwas Außergewöhnliches schenken. Nach langem Suchen fand ich schließlich in einem Katalog ein ausgefallenes Geschenk. Ich bestellte es und wenige Tage später kam das Paket. Doch wie groß war die Enttäuschung, als ich es öffnete. Das Geschenk sah einfach furchtbar aus. Natürlich habe ich die Sachen gleich wieder zurückgeschickt. Hunderte solcher Rücksendungen landen täglich in den großen Versandkaufhäusern. Kleider, Spielsachen, Elektrogeräte, alles schicken die Leute wieder zurück. Das geht ja auch so bequem. Annahme verweigern! Stempel drauf! Und weg!
Aber was ist, wenn wir diese Mentalität auch auf andere Lebensbereiche übertragen? Etwa auf unsere mitmenschlichen Beziehungen? Was ist, wenn uns unser neuer Nachbar nicht gefällt? Oder der neue Kollege einen unsympathischen Eindruck macht? Oder der Freund unserer Tochter nicht unseren Vorstellungen entspricht? Verweigern wir dann auch die Annahme?
Paulus ermutigt uns, neue Wege zu gehen. Wir sollen den anderen annehmen, auch wenn sein Gemüt, sein Geschmack, seine Gewohnheiten, seine Gewichtungen im Leben und seine Geltung in der Gesellschaft anders sind als unsere. Der Apostel erinnert uns dabei daran, wie Jesus uns angenommen hat. Christus hat uns erwählt, als wir noch nicht geboren waren. Er liebt uns, obwohl wir dauernd Dinge tun, die ihm nicht gefallen. Er ist für uns gestorben, als wir noch seine Feinde waren. Und er hat uns einen besonderen Auftrag gegeben, obwohl er wusste, dass wir oft versagen werden: Wir sollen einander annehmen!
Diese Annahme beginnt, indem wir einander wahrnehmen. Wir nehmen einander ernst, indem wir gemeinsam nach Antworten suchen, wie wir als Christ in dieser Welt leben können. Wir nehmen einander in den Arm, weil Jesus will, dass wir uns gegenseitig zeigen, wie sehr Gott uns liebt. Und wir nehmen einander in Schutz statt uns gegenseitig zu verurteilen. Denn nur in dieser Atmosphäre wird Gott gelobt. Das wollen wir nicht vergessen, wenn wir das nächste Mal kurz davorstehen, jemandem den Stempel aufzudrücken: „Annahme verweigert!“
Ihr Karsten Künzl
Jahreslosung 2023
DU BIST EIN GOTT, DER MICH SIEHT
PRÄSES ANSGAR HÖRSTING ZUR JAHRESLOSUNG 2023
Es ist eine Geschichte voller Emotionen, Demütigungen und menschlicher Schwächen. Eine Geschichte wie eine „Daily Soap“. Und mittendrin ist Gott, der hört und sieht und Geschichte macht (1. Mose 16, 1-14). Worum geht es?
Abraham wartet mit seiner Frau Sarai auf eigene Kinder. Am Ende ihrer Geduld und ohne Hoffnung auf die Erfüllung von Gottes Verheißung – es zog sich auch wirklich sehr, sehr lange hin – vermittelt Sarai ihrem Gatten ihre eigene Magd, Hagar. Sie hofft, durch sie zu einem Kind zu kommen, ähnlich einer Leihmutterschaft. Hagar wird schwanger, der Plan scheint aufzugehen. Aber Sarai wird „gering in Hagars Augen“. Das schmerzt doppelt: selbst nicht schwanger werden zu können und dann auch noch hochmütig behandelt zu werden. Sarai rächt sich, sodass Hagar in die Wüste flüchtet.
GOTT BEGEGNET
In der Wüste aber begegnet ihr Gott mit zwei Fragen: „Woher kommst du?“, „Wohin gehst du?“. Die erste Frage kann Hagar noch beantworten, die zweite nicht. Sie ist ziel- und hoffnungslos. Gott sagt ihr, sie solle sich unter Sarai demütigen und verspricht, aus ihr ein großes Volk zu machen. Der Sohn soll „Gott hört“ (Ischmael) heißen. Die Zukunftsprognosen über ihn klingen durchwachsen, denn er wird sich wie ein Wildesel benehmen und auch so angesehen werden.
Aber Hagar ist angerührt, denn Gott ist ihr begegnet. Er hat sie angesprochen, er hat sie gehört und er hat sie gesehen. Und in allem, was Gott darin tut, kommt Wahrheit und Gnade zum Ausdruck. Hagars Schuld kommt ans Licht, aber zugleich blickt Gott mit einem gnädigen Auge auf sie! Hagar sagt: „Du bist ein Gott, der mich sieht“ (1. Mose 16,13). Und es ist kein bedrohlicher Blick, sondern ein wahrhaftiger, befreiender, gnädiger und zukunftsfroher Blick.
Blicke können töten, sagen wir. Blicke mustern von unten nach oben und zurück. Blicke verurteilen. Blicke sind gleichgültig und oberflächlich. Blicke können durchdringen. Und Blicke können lieben und wohlwollend sein. Sie können strahlen und befreien.
Gottes Blick hat es Hagar angetan. So wie er sie ansieht, kann sie ihm begegnen. Dieser Blick hat es in der Folge Millionen von Menschen angetan. Sie sind Gott begegnet. Gott sah diese Erde und das führte dazu, dass Jesus Christus Mensch wurde. Denn Gott sah, dass diese zerschundene und verlorene Welt einen Retter braucht. Als Jesus das Volk sah, jammerte es ihn, es ging ihm durchs Herz und er sah die Wahrheit, denn sie waren so erschöpft wie Schafe ohne Hirten (Matthäus 9,36).
GOTT SIEHT HIN UND ER SIEHT AN
Diese Botschaft ist wie gemacht für uns Menschen im 21. Jahrhundert. Denn viele von uns leiden darunter, dass wir häufig nur als Menschen angesehen werden, die zu funktionieren haben. Es macht einen fertig, wenn man lediglich missgünstig angesehen wird. Das erleben Menschen. Und manche, die es noch irgendwie mit Gott zu tun haben, empfinden seinen Blick häufig als kontrollierend, missbilligend oder strafend. Sie meinen, Gott würde sie ansehen und sagen: „Es reicht sowieso nie, du Versager!“ oder „Du bist und bleibst mickrig!“.
Die Botschaft Gottes ist eine aufrichtende, wahrhaftige und gute Nachricht. Gott sieht dich an, wahr und gnädig. So sah er Hagar an. So hat er sich in Jesus Christus offenbart. Gott ist ein Gott, der dich sieht. Du bist ein wunderbares Original. Deine Geschichte mag schön oder schön verkorkst sein, aber Gott sieht dich freundlich an!
Wenn du mitten in der Wüste, mitten in einer Lebenskrise bist, lass dir sagen, dass Gott dich gnädig, freundlich und wahrhaftig ansieht. Durch den Heiligen Geist ist er jetzt bei dir, so wie bei Hagar in der Wüste. Und er fragt dich, so wie damals Hagar, woher du kommst und wohin du gehst. Sag es ihm und lass dich überraschen von dem Gott, der dich sieht.
Ansgar Hörsting | Präses der Bundes Freier evangelischer Gemeinden | praeses.feg.de
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